Wilhelmsburger Motorbootverein e.V.
Törn Marstal 2023

Törn Marstal 2023

Mit der Witchway von Harburg nach Marstal 2023

Entfernung:  ca. 500 Kilometer  

Durchschn. Geschwindigkeit: 7 Knoten 

Höchste Welle: 2 Meter

Nach Büsum 2022 sollte es 2023 wieder in die Nordsee Richtung Helgoland gehen.

Das Wetter und der Wind passten nicht, also brauchten wir ein neues Ziel. Holger schwärmte von der Dänischen Südsee. Vor vielen Jahren war er mal mit einem Dreimaster auf Aero in Marstal. Das wäre doch ein schönes Ziel. Sieben Tage Urlaub waren zu verplanen.

Tag 1

Mit ablaufendem Wasser hatten wir Hamburg um 07.00 Uhr verlassen. Unser Weg führte über die Schleusen in Brunsbüttel und Holtenau in die Ostsee. Die Strecke ist eine der verkehrsreichsten in Europa und verfügt über viele Einrichtungen für Jachtreisende, darunter Liegeplätze, Kraftstoffversorgung und Reparaturmöglichkeiten.

Das Wetter war schön. Sonne, 20 Grad und eine leichte Welle. Diese sollte sich zwei Seemeilen vor der Schleuse Brunsbüttel schlagartig ändern. Die Elbe verwandelte sich in eine Waschmaschine. Wellen von ca. 1,5 Meter und mehr brachten Holger zum Fluchen und Matthes dazu, seine Seefestigkeit zu prüfen und alles an Deck festzubinden.

Wobei es noch besser kommen sollte. Die Schleuse öffnete sich erst nach 1 1/2 Stunden. Gemeinsam mit ca. 32 anderen Sportbooten kreuzten wir vor der Schleuse. Irgendwann hatte Holger ein ruhiges Plätzchen gefunden und es war ein, der Situation angemessenes, geduldiges Warten möglich. Entschleunigung vor der bevorstehenden Entschleunigung des NOK´s.

Eine gewisse Erleichterung verbreitete sich an Bord, als der Schleusenwärter dann endlich auf weißes Licht schaltete und höflich auf Kanal 16 um Einfuhr der Sportboote bat.

Wir glaubten, dass wir uns auf unsere erste Durchquerung des NOK sehr gut vorbereitet hatten:

– Möglichst nicht mit der Schleuse funken (das war der beste Tipp!; für Funk-Comedy sorgen schon die Sportbootkollegen ausreichend),

– Anlegemanöver ist klar und

– überhaupt ist der NOK keine Hexerei.
Im Kern stimmt das auch, sofern nicht über 30 entnervte Sportschiffer gleichzeitig in die Schleuse einfahren und alle am Liebsten an der gleichen Stelle anlegen wollen.

Mit etwas Durchsetzungsvermögen gehörten wir zu den ersten Booten und konnten entspannt unsere Witchway sichern. Nachdem wir noch eine nette Holländerin mit ihrem Mann längsseits genommen hatten, konnte wir das Chaos hinter uns bewundern. Große Segelyachten mit mehr als 20 Meter länger waren teilweise total überfordert und fuhren ineinander. Solche Szenen kannten wir vorher nur aus YouTube Filmchen.

Vor uns lag ein besonderes Schätzchen: Eine Yacht aus Sidney. Wir waren sehr begeistert.

Nach kurzer Zeit ging die Schleuse wieder auf und alle strömten raus. Diesmal allerdings etwas koordinierter als beim Einlaufen, so dass dieses Mal kein Chaos zu erkennen war.

Der ursprüngliche Plan war, in Brunsbüttel zu nächtigen. Es ist hier aber weder schön noch übersichtlich. Mit dem Wissen, 100 Kilometer Kanal vor uns zu haben, entschlossen wir uns kurzfristig, bis Rendsburg zu schippern. Also 6,5 Knoten einstellen und dann durch einen sehr grünen Kanal.

Wir hatten uns für einen kleinen Sportboothafen in Rendsburg entschieden. Die Wahl war großartig. Eine sehr nette Hafenmeisterin begrüßte uns. Es war alles bestens vor Ort. Saubere Duschen und Toiletten, Müllplatz und ein sehr schöner Ort für einen ausgiebigen Spaziergang. Für das leibliche Wohl sorgten einige Restaurants, die fußläufig gut erreichbar waren. 

Tag 2

Ausgeschlafen, frisch geduscht und nach einem längeren Frühstück verließen wir Rendsburg um 10.00 Uhr. Wir wollten um 15.00 Uhr in Laboe sein. Dort wurde die Eignerin an Bord erwartet. Durch Termine konnte sie nicht an der gesamten Reise teilhaben, um so größer war die Freude, dass die Crew am Abend komplett sein sollte.

Die restlichen 30 Kanal-Kilometer von Rendsburg bis Kiel waren gut zu fahren. Natürlich durfte auch eine zwischenzeitliche Sperrung des NOK nicht fehlen. Bei dem Gegenverkehr haben wir die 20 Minuten sehr gerne in Kauf genommen.

Bei Kilometer 95 kam uns noch ein besonderes Schmuckstück entgegen. Ein Kanal-Schaufelraddampfer passierte uns. Der konnte mit seinem Siphon ordentlich Eindruck schinden! Eines war gewiss, es wurde trotz aller Eintönigkeit, die ein Kanal mit sich bringt, nicht langweilig. Die Tiere und Schiffe boten eine hohe Abwechslung und ein bisschen sollte man den Verkehr auch schon im Blick haben!

Endlich Kilometer 100! Das Beste: durchgehendes Funkellicht und somit direkte Einfahrt für alle Sportboote. Welch eine Freude nach der Erfahrung auf der Elbe. Wir brauchten noch ca. 2 Minuten bis zum Schleusentor. Leider dauerte es dem Schleusenwärter zu lange und er machte uns im wahrsten Sinne des Wortes die Tür vor der Nase zu.

Und wieder warteten wir eine Stunde. Diesmal allerdings bei ruhigem Wasser, völlig entspannt und mit nur 10 Booten vor der Schleuse. 

Es war schon ein großartiges Gefühl, als die Schleuse sich zur Kieler Förde öffnete. Das Wasser war zwischenzeitlich klar geworden, Kiel liegt vor einem und die dicken Fährschiffe kreuzen die Einfahrt. Also: raus aus der Einfahrt, aber Achtung. Es gibt hier kein Licht zum Ausfahren. Die Schleuse war zu einem Drittel geöffnet und die ersten Sportboote hatten das Schleusentor schon zur Ausfahrt passiert. 

Hinter der Schleuse hatten wir einen kurzen Moment inne gehalten. Wo ging es jetzt lang? Das Ziel Laboe lag nord-östlich von unserem Standort und bedeutete, dass wir die Fahrrinne queren mussten. 

Kurs war gelegt und wir kamen pünktlich in Laboe an. In Laboe gibt es zwei Häfen die direkt nebeneinander liegen. Der erste ist die Marina Baltica. Sie ist der Anlaufhafen für alle, die es ein bisschen gediegener wünschen. Sanitäre Anlagen sind sehr ordentlich und das Angebot an Restaurants üppig. Dieses gilt allerdings auch für den Yachthafen Laboe

Die Marina Baltica war einfach anzusteuern. Als Landmarke bot sich das Marine Denkmal an. Aber Achtung, auf die Betonnung ist zu achten. Steuerbordseitig wurde es sehr schnell sehr flach.

Am Abend haben wir Ela von der nahen Bushaltestelle abgeholt. 

Bei Spaghetti und einem Glas Wein wurde am Abend die Überfahrt nach Marstal besprochen und geplant.

Tag 3

Schlafen bis 08.00 Uhr und von Kaffeeduft und frischen Brötchen geweckt zu werden ist ein Luxus, der in Laboe durchaus drin ist. Holger hatte seine Crew mit einem leckeren Frühstück überrascht, um die Motivation zur Überfahrt nach Marstal zu steigern.

Während des Verzehrs der Köstlichkeiten hatten wir erneut den Törn genauestens besprochen. Die Wetteraussichten passten, der Wetterbericht sagte folgende Gegebenheiten für unser Zeitfenster voraus:

So machten wir nach einer erfrischenden Dusche um 10.00 Uhr die Leinen los und verließen die Marina frohen Mutes. Nachdem wir das Kriegsdenkmal an unserer Steuerbordseite passiert hatten, legten wir den Kurs 18 Grad an.

Was hatten wir nicht richtig gut berücksichtigt? Der Wind kam die nächsten vier Stunden aus östlicher Richtung und erwischte uns ständig von der Seite. Gut, dass wir alle seefest waren. Holger hatte den Kurs später etwas korrigiert, damit das Geschaukel nicht zu stark wurde.

Alles in allem hatten wir eine ordentliche Überfahrt und sind gegen 15.00 Uhr in den Hafen von Marstall eingefahren. Die Gastliegeplätze sind am südlichen Ende des Hafens, der zu diesem Zeitpunkt schon sehr voll war. Tatsächlich hatten wir in der letzten Reihe noch ein passendes Plätzchen gefunden.

Der Wind frischte nach kurzer Zeit auf und beinhalte Böen bis 45 Stundenkilometer. Interessanterweise hatte insbesondere unser Steg vom Wind profitiert. Schon drei Stege weiter war es deutlich ruhiger und angemessener. 

Der Hafen von Marstal ist sehr ordentlich. Besonders die Angebote für Kinder sind großartig. Die sanitären Anlagen sind weitestgehend sauber und die Duschen tun, was sie sollen.

Am Abend waren noch zwei Dreimaster eingelaufen. Unter anderem die Regina Maris, die Holger schon sein halbes maritimes Leben begleitet. Ein kleiner Tipp an dieser Stelle: Wer Spaß an Traditionssegler hat und gerne mal einen entsprechenden Törn planen will, ist bei der TSC gut aufgehoben.

Nach einem vegetarischen Abendbrot aus Geschnetzeltem, Kartoffeln und Rahmsauce haben wir es uns bequem gemacht. Tatsächlich guckten wir im bordeigenem Kino den weißen Hai, um der unruhigen See etwas entgegen zu setzen.

Tag 4

Gut hatten wir nicht bei unseren Leinen gespart. Der Wind kam von achtern und hielt sie in dauerhafter Spannung. Wir fragten uns, ob wir sie jemals wieder frei bekommen würden. Auf einem solchen Törn ist das Lernen vorprogrammiert. Jederzeit gibt es neue Herausforderungen. Bislang hatten wir offensichtlich alle Lagen gemeistert und wir waren zuversichtlich, dass wir auch mit allen Leinen in Harburg wieder ankommen werden würden.

Heute erkundeten Ela und Holger Marstal. Matthes nahm sich “Eltern-frei”. 

Der Hafen hatte eine Menge zu bieten:

Gestern war hier ein kleines Musikfestival. Eigentlich gibt es immer irgendein Event hier. Gebannt schauten wir den Kitern zu, wie sie mit Wind und Welle spielten. Das war schon beeindruckend.

Es lohnt sich, ein bisschen mehr über Marstal zu erfahren:

Marstal ist eine kleine, aber bezaubernde Stadt an der Ostküste der atemberaubenden Insel Ærø in Dänemark.

Mit einer Einwohnerzahl von nur knapp über 2.000 Menschen ist Marstal bekannt für seine faszinierende, maritime Geschichte und den malerischen Hafen, Heimat einer Vielzahl von Fischerbooten, Yachten und Freizeitschiffen. Die Stadt genießt eine reiche Seefahrertradition, die viele Jahre zurückreicht und eine umfangreiche Geschichte des Schiffbaus und der maritimen Aktivitäten bietet, die Besucher im Marstal Maritime Museum entdecken können.

Außerdem können Besucher eine Auswahl an gemütlichen Restaurants, malerischen Cafés und Geschäften erkunden, nicht zu vergessen einen belebten Marktplatz, auf dem Besucher frische Produkte und andere lokale Köstlichkeiten finden können. Umgeben von atemberaubender Landschaft und einer entspannten, lässigen Atmosphäre ist Marstal ein verstecktes Juwel für Besucher, die Dänemarks maritime Traditionen entdecken und die Schönheit seiner Küste bewundern möchten. In Marstal kommt nie Langeweile auf. Die Stadt hat einen unbestreitbaren Charme, der ihre Besucher verzaubern wird.

Gegen Nachmittag klarte es am Horizont auf und die Böen ließen nach. Wir wollten morgen die Rückfahrt nach Kiel antreten. Tatsächlich fehlte uns am Abend vor der Rückfahrt noch die Idee, wie wir jemals von unserem Liegeplatz wegkommen sollten.

Tag 5

Was für eine Nacht! Der Wind hatte mit 27 Knoten geblasen und Böen von bis zu 48 Knoten geschickt. Wir bekamen die Konsequenzen des Liegeplatzes in der letzten Reihe besonders hart zu spüren. Obwohl wir wirklich gut festgemacht waren, musste die Witchway ordentlich arbeiten. Gut hatten wir die Leinen regelmäßig (auch in der Nacht!) überprüft.

Am Morgen war der Kater auch auf den umliegenden Schiffen groß. Es war für niemanden eine ruhige Nacht. Und was hilft gegen einen Kater? Richtig! Ein ordentliches Frühstück. Holger war zum COOP (ca. 1200 Meter vom Liegeplatz entfernt) mit seinem Büddel in der Hand marschiert, um Brötchen zu holen, während Ela den Tisch deckte.

Auf dem Weg entdeckte Holger ein eher denkwürdiges Verkehrsschild und jeder ist eingeladen, sich seine eigenen Gedanken bezüglich der Bedeutung machen.

Wollten wir heute oder morgen den Sprung zurück über die Ostsee wagen, war die heiß diskutierte Frage während des Frühstücks. Alle Apps wurden mehrmals überprüft und Daten sowohl für Marstal, Laboe und die südliche Ostsee gesammelt, analysiert und bewertet. Ergebnis war, dass es am Mittag ein Zeitfenster gab, in dem die Fahrt sogar Spaß machen könnte.

Nach dem Frühstück hatten wir das Boot wetterfest gemacht, alle losen Gegenstände verstaut und uns einen Plan zum Ablegen zurechtgelegt. Während wir so in den Vorbereitungen waren, kam es plötzlich auf dem Nachbarschiff zur Hektik. Der Eigner hat seine Brille ins Wasser geworfen. Jetzt war guter Rat teuer. Sehr lässig hatte seine Frau reagiert: Raus aus den Kleidern, Badeanzug an, Taucherbrille auf und rein ins Wasser. Nach fünf Minuten kam sie mit Brille raus. Sehr, sehr lässig.

Unser Ablegemanöver  lief sehr souverän. Noch schnell ein Zwischenstopp an der Tankstelle und Tschüss Marstal. Es war sehr schön und wir kommen gerne wieder.

Ein kleiner Hinweis beim  Auslaufen: achtet auf die Betonnung und erinnert euch an euer Ziel! Wir hatten Kurs auf Langeland genommen. Einfach mal ohne Nachzudenken den anderen hinterher. Nachdem wir unseren Irrtum nach zwei Seemeilen bemerkt hatten, wollten wir schräg rüber, aber das war keine gute Idee. Das Wasser wurde verdammt flach. Also Retour, zurück in die Fahrrinne und ordentlich Kurs auf Laboe nehmen.

Aufgrund des unsicheren Wetterbericht waren wir etwas unsicher vor dem, was uns erwarten würde.

Nicht nur mit Sonne im Herzen, sondern auch aus dem Himmel hatten wir zunächst Wellen von ca. 60 Zentimeter Höhe. Das war Ok und machte sogar Spaß. Eine solche Fahrt erspart den Besuch der “wilden Maus” auf dem Hamburger Dom. Das Wetter wurde immer schöner und das Kommando auf der Brücke wechselte auf Ela.

Der Große saß hinten und hörte Musik, Ela führte sicher den Kurs und Holger zog sich auf seinen Lieblingsplatz auf der Witchway zurück. Der Bug bietet eine Sitzgelegenheit für drei Personen und verspricht direkten Kontakt mit Wasser, Wind und Welle. An keinem anderen Platz auf der Welt lassen sich Gedanken so schnell in großartige Ideen umwandeln, um positiv nach vorne zu schauen.

Um 18.00 Uhr legten wir pünktlich in Laboe an. Die App zum Buchen eines Liegeplatzes (siehe unten: Boatpark) ist wirklich großartig. Direkte Ansteuerung auf Liegeplatz C 28. Anlegen. Anmelden beim Hafenmeister und das erste Fischbrötchen vertilgen. Am nächsten ging es weiter nach Rendsburg. 

Tag 6

Endlich ausschlafen. Der Törn am sechsten Tag sollte eigentlich gut machbar sein. Bis zur Schleuse waren es sehr entspannte 60 Minuten,  durch die Schleuse und dann nochmal gute zwei Stunden bis Rendsburg.

Also genug Zeit zum Duschen, Frühstücken und den Flair des Hafens zu genießen. Sogar die Sonne meinte es den Morgen gut mit uns. Gegen 12.00 Uhr haben wir uns auf den Weg gemacht. Und ist die Strecke auch noch so kurz und übersichtlich, nach den Wellen der letzten Tage kontrollierte jeder, ob auch alles aus dem Weg geräumt war und ob irgendwas durch die Gegend “fliegen” könnte.

Das Schönste an der Marina in Laboe ist ihre Lage und Dimension. Trotz eines starken Ostwindes, der uns schnell zur Seite wegdriften ließ, hatten wir noch genügend Platz zum Manövrieren. Das ist bei einer Länge von 9,80 Metern und ohne Seitenstrahlruder manchmal eine kleine Herausforderung.

Aus dem Hafen kommend hatten wir direkten Kurs auf die Schleuse Holtenau genommen. Am Leuchtfeuer vorbei und langsam Abschied nehmend von der Ostsee hatte sich die Crew auf die anstehende Schleusung vorbereitet. Achtung! Die Fender liegen am besten der Länge nach auf dem Wasser, da der Steg in der Schleuse sehr nah an der Wasseroberfläche liegt. Leinen zurecht legen und dann auf das weiße Licht warten.

Nachdem die Hinfahrt uns vier Stunden gekostet hatte, gab es nun zügig weißes Licht zur Einfahrt. Drei weitere Sportboote, die mit uns das gleiche Ziel hatten, hatten den Hebel auf den Tisch gelegt und sind mit voller Geschwindigkeit (in unserem Fall 15 Knoten mit Wind von vorne) vor das Schleusentor gefahren. Ehrlich: die Gefahr, dass Holger am Steuerstand eine mittelschwere Krise hätte bekommen können war so wahrscheinlich, wie kaum etwas anderes. Als die Witchway unter voller Auslastung ca. 500 Meter vor dem Schleusentor sich auf die Einfahrt freute, wurde das Schleusensignal auf rot geschaltet und das Tor schloss sich wieder.

Abermals hieß es warten und warten und warten. Nach 10 Minuten war die Verzweiflung bei Holger verpufft. Ela und Matthes kamen zur Ruhe und genossen den Ausblick.

Ein Höhepunkt war sicherlich das Berufsschiff “Indiana Jones”. Kurioserweise waren wir in der Woche zuvor im fünften Teil der Indiana Jones Verfilmung mit Harrison Ford. Jeder von uns drei hatte die Stimme des Dr. Jones im Ohr, wenn zwischen Kielkanal 4 und ihm gefunkt wurde. Schade, dass wir nicht mit ihm Schleusen durften.

Der absolute Höhepunkt des Tages war aber eine Megayacht, die uns aus der Schleuse entgegenkam.

Die Bewunderung für dieses Schiff ließ Holger in eine Art Werbetraum entgleiten: “Die Yacht Amoa ist ein luxuriöses Schiff, das für endlose Abenteuer auf dem Meer entworfen wurde. Mit einem schlanken und modernen Design bietet diese 34 Meter lange Yacht ausreichend Platz zum Entspannen und Unterhalten und bietet Platz für bis zu 10 Gäste in vier geräumigen Kabinen. Das Interieur ist mit hochwertigen Materialien ausgestattet, darunter Marmor und Teakholz, was eine warme und einladende Atmosphäre schafft. An Bord können die Gäste einen geräumigen Salon, eine voll ausgestattete Küche und ein Sonnendeck mit einem Jacuzzi und bequemen Liegestühlen genießen. Die Yacht verfügt auch über eine beeindruckende Sammlung von Wasserspielzeugen, darunter ein Tender, Jet-Skis, Paddleboards und Schnorchelausrüstung, was endlose Möglichkeiten für Spaß und Abenteuer bietet. Mit einer erfahrenen Crew an Bord können die Gäste zurücklehnen und entspannen, in der Gewissheit, dass alle ihre Bedürfnisse berücksichtigt werden.”

Nach nur 80 Minuten wurde die Crew wachgerüttelt und ein ähnliches Spektakel wie vor der Schleusung in Brunsbüttel begann. Jedes Schiff wollte das erste sein und es war ein Gedränge wie früher beim Sommerschlussverkauf.

Allerding war es beim Auslaufen aus der Schleuse ein echt schönes Bild.

Wieder in Rendsburg angekommen haben wir im Nachbarhafen angelegt. War auch gut. Für eine gute Essensplanung muss man eines über Rendsburg wissen: ab 21.00 Uhr haben keine Restaurants mehr offen. Das war tatsächlich etwas enttäuschend, da wir uns einen gemeinsamen Abschluss gewünscht hatten. Einen mittelguten Asiaten haben wir dann doch noch gefunden und so war auch dieser Tag für alle glücklich und zufrieden zu Ende gegangen.

Tag 7

Letzter Tag. Die Crew ging sehr unterschiedlich mit der Tatsache des nahenden Abschieds von einer wunderbaren Reise um. Matthes freute sich auf sein eigenes Bett, Ela bereitete sich auf die Putzsession vor und Holger bedauerte das Ende einer intensiven Zeit. Alle verband die Freude und den Respekt vor der letzten Etappe. Nochmal sechs Stunden durch den Kanal bis Brunsbüttel und dann fünf Stunden die Elbe runter. Das hieß pünktlich 09.00 Uhr ablegen und hoffen, dass die Schleuse dann doch mal mitspielen würde, dann wären wir rechtzeitig zur einsetzenden Flut auf der Elbe gewesen.

Das Ablegemanöver war seit Marstal in Fleisch und Blut übergegangen. Jeder Griff saß und somit waren wir schnell aus dem Hafen raus. Hatten wir nicht irgendwas vergessen? Alle Geräte waren an. Leinen verstaut. Fender eingeholt. Getankt. Getankt? Tatsächlich ein weiterer Anfängerfehler. Nicht nur davon reden, dass noch getankt werden müsste, sondern es auch tun. So hatten wir es gleich mit einem intensiven Manöver verbunden und auf Wasser getankt. Danke an Ingo für den langen Schüttelschlauch, mit dem das Tanken problemlos von statten ging. 15 Minuten später war der Tank ausreichend gefüllt und wir konnten auf den Kanal einbiegen. 

Das Wetter spielte wieder mit. Abgesehen von einem Regentag kam das Wasser in den sieben Tagen in überschaubarer Dosis auf uns hernieder. Wir wurden bis Brunsbüttel auch mit viel blauem Himmel beschenkt.

Mit einem Wolken Mix tuckerten wir mit 6,5 Knoten durch den Nord-Ostseekanal bis Brunsbüttel. 

Pünktlich 14.00 Uhr waren wir an der Schleuse angekommen. Merkwürdig. Seit 45 Minuten waren wir auf Funkkanal und es gab keine Konversation. Sicherheitshalber hatte Ela die Schleuse angerufen und das Glück eines sehr netten Schleusenwärters gehabt. Wir kamen zu einer Zeit, in der gerade keine Berufsschiffer schleusen wollten. Somit war unser Schleusenvorgang innerhalb von 30 Minuten vollzogen. Und wir waren “pünktlich” auf unserem Strom.

Kaum aus der Schleuse raus, erwischte uns die gleiche Welle wie am 1. Tag. Diesmal allerdings von vorne. Holger musste am Steuer ordentlich arbeiten, um den Heimatkurs klar zu fahren. Hinzu kamen wieder eine Reihe an dicken Pötten, deren Welle die Angelegenheit noch interessanter machte.

Ab Stade wurde es erwartungsgemäß deutlich ruhiger. Mittlerweile brummte der Diesel schon acht Stunden. Aber durch einen ständigen Wechsel am Steuer waren alle fit und munter. Wir hatten festgestellt, dass es doch immer wieder faszinierend ist wie früh die Kräne des Hamburger Hafens geortet werden können und es doch immer noch zwei Stunden Fahrt bedeudet.

Endlich waren wir im Hamburger Hafen! Die Welle begrüßte uns stürmisch und voller Euphorie. Ein sicheres Zeichen, wir würden bald zu Hause sein. Steuerbord in den Köhlbrand abbiegen, Richtung Köhlbrandbrücke und nochmal Zeit, die großen Containerschiffe zu genießen.

Jetzt waren es noch ca. 45 Minuten. 

Ein letzter Austausch zur Durchfahrt der Harburger Schleuse. Ein letzter Schluck Kaffee (war ja erst 11 Stunden alt…). und sich auf ein leckeres Abendmahl freuen.

Kurz vor der Schleuse riefen wir Harburg Lock. Dann passierte das Unfassbare: Holger hatte noch nicht einmal den Hörer aufgelegt, da öffnete sich die Schleuse. Wenn man bedenkt, dass wir insgesamt 7 Stunden vor Schleusen gewartet hatten, hatten wir am siebten Tag nur 45 Minuten an Wartezeiten einplanen müssen. So unterschiedlich und nicht planbar sind Schleusen. Also schnell Fender raus und vorbereiten auf die Einfahrt

In Rekordzeit hatten wir unsere Witchway hafenklar. Die Fahrt war vorbei und es ging nach Hause zu unserem Sohn, der auf Haus und Hunde aufgepasst hatte. Es braucht doch sehr viel Planung und Vorbereitung für einen solchen Törn und wir freuen uns auf das nächste Jahr. Dann vielleicht endlich Helgoland? Wir werden sehen!

-ENDE-

WMBV

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